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keine Zeit, sie zu Ende zu hören; auch fuhr er oft mit Bemerkungen dazwischen, wie: „Mich soll wundern, ob sich das Wetter hält, denn kriegen wir früh Bückel dies Jahr.“ Oder: „Was der Russe is, der macht sich’n büschen gar zu mausig und wenn ich der Türk wär“, ein Beweis, wie Rike behauptete, daß er „wohl gar nicht recht mit den Gedanken bei der Vorlesung sei!“ Denn Rike las vor; sie hatte ein helles deutliches Organ dazu und besaß nur für die Liebesszenen nicht die nötige Zartheit, wie Hannchen empfand. Hannchen las diese Stellen deshalb für sich noch einmal, und da fand sich dann oft, daß Rike große Stücke überschlagen hatte. Heute aber ließ sie kein Wort aus und schwelgte in dem Grauen der Gespensterwelt. Kunden kamen nur wenige; das Hauptgedränge begann erst gegen sieben Uhr, und Fritz fühlte schon solch eine Erleichterung an seinem Fuß, daß er ganz eifrig aus- und einhinkte. Die Schwestern gingen niemals mit in den Laden; die Brüder litten es nicht, weil es kalte Füße gebe und das Handhaben der schweren langen Messer keine Frauenarbeit sei.

So war es also ein gemütlicher Nachmittag, wie die Beckers deren dreihundertfünfundsechzig im Jahre hatten, nur daß es Hannchen bei den schönsten Stellen immer auf die Lippen kam: „Wenn doch auch Johann hier wäre!“ Sie waren es eben so gar nicht

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Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/019&oldid=- (Version vom 31.7.2018)