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ein Schloß fast so groß wie das zu Altdorf, da war ein herrlicher Garten; da waren geräumige Stallungen; da hatte seine Frau ein hübsches Reitpferd und ritt mit ihm spazieren; da besaß er ungefähr Alles, was er einst so sehr dem Grafen Sambach beneidet hatte und konnte gleich Jenem en grand seigneur auf seinem Schloß leben, und in den

äußeren Herrlichkeiten der Welt schwelgen, die das Ziel seiner Sehnsucht gewesen waren. Aber sie erschienen ihm fortan öde und nichtig.

Dorothee, ohne doch eigentlich zu wissen wie tief Corneliens Herz durch Leonors plötzliche Heirath gekränkt werden mußte, fühlte wol daß es in der ersten Trauerzeit nicht schicklich sein mögte sie davon zu benachrichtigen, und gern hätte sie noch länger mit der Mittheilung gezögert, wenn sie nicht eine zufällige Nachricht gefürchtet hätte, da Leonors Besitzung kaum zehn Meilen von Altdorf lag. Cornelie starrte Dorothee vollkommen ungläubig an, und war weit eher geneigt zu glauben, daß sie im Irrsinn – als daß sie die Wahrheit rede. Als sie denn doch endlich nach allen möglichen Erklärungen und Einzelheiten sich überzeugen lassen mußte, wurde sie eiskalt, schlug verwundert die Hände zusammen und sagte tonlos: Mein Herrgott! was für Männer hast du geschaffen! sind denn Männer

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/222&oldid=- (Version vom 31.7.2018)