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man keine Mittel fand um ihn in seiner geflissentlichen Täuschung zu bestärken. Jede Andeutung von Resignation verwarf er mit Abscheu. In so furchtbare Klagen und Lamentationen verfiel er, daß Alle die ihn hörten und sahen von jener nervösen Verzweiflung gepackt wurden, der man sich grimmigen Leiden gegenüber so schwer erwehrt. Die Unruhe welche die Erblindeten umher treibt, bevor sie sich in ihr Schicksal ergeben haben, ergriff ihn in solchem Grad, daß er aus Tag – Nacht, und aus Nacht – Tag machte, immer gehen, fahren, sprechen wollte. Er litt an entsetzlichen Schlaflosigkeiten, an einer Nervenreizbarkeit, die ihn folterten – und immer! immer! immer mußte Cornelie um ihn sein. Dorothee, Salzmann, zwei Bedienten waren ihm verhaßt. Er duldete sie höchstens auf eine Stunde um sich; dann schrie er wieder nach Cornelien mit einer Angst, einer Ungeduld, einem Zorn die ihn aufzureiben drohten. Und sie war immer da, liebreich, geduldig, gelassen, freundlich, heiter sogar wenn er ruhige Momente hatte. Wie sie lebte, leben konnte, Niemand begriff es; aber sie vermogte es. Sie war eine von den prachtvollen Organisationen, die sich in den Flammen der Prüfung wie in den Flammen der Liebe am herrlichsten entfalten. Dorothee beschwor sie oft mit

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)