betete, ihre Kinder mußten beten, ihre Dienstboten mußten beten, alle Bewohner von Elsburg mußten beten. Morgens und Abends hielt sie lange Gebetstunden mit ihren Hausgenossen, am Sonntag hielt sie drei; die Leute und die Kinder schliefen häufig ein vor Langerweile und Ermüdung bei den Vorträgen und Vorlesungen welche sie und der Hofmeister ihres Sohnes abwechselnd hielten, und ermunterten sich erst wieder, wenn sie sich an das Positiv setzte und ein geistliches Lied anstimmte, in welches die ganze kleine Gemeinde einfiel. An diesem christlichen Hausstand hatte sie große Erbauung und so viel Freude, als sich mit ihrer ascetischen Weltanschauung vertrug; – aber ein Leid .…
und das größte von Allen: Elsleben war und blieb unbekehrt und außerhalb des Gnadenstandes. So wenig wie sie ihm vor Jahren Geschmack für „The Last of the Mohicans“ beigebracht hatte, so wenig gelang es ihr jezt mit der Bibel und mit Erbauungsbüchern. Er blieb unerschütterlich bei seiner gewohnten Weise und sagte mit dem höchsten Gleichmuth:
„Miezchen! Dein Orgelspiel und Dein Singen und Beten sind fromme Narrenspossen, denn ich sehe nicht daß Ihr samt und sonders dadurch besser werdet. Die Dienstboten sind träge, nachlässig, zänkisch – genau wie sie immer waren; Du bist gut
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/206&oldid=- (Version vom 31.7.2018)