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Sie kniete vor ihm nieder und hob die Hände empor. Er umschlang sie heftig, riß sie auf und an sein Herz und rief:

„Schweig! sprich nicht, sieh mich nicht an, rege Dich nicht .… ich kann's nicht aushalten! – ich will sprechen.“

Sie legte den Kopf an seine Schulter und schwieg.

„Ist die Scheidung von Graf Sambach unmöglich?“ fragte Leonor.

„Ja! in wahnsinniger Eifersucht hat er es geschworen und, wenn auch die Hemmung als ungültig für mich zu überwinden wäre, so müßte ich ihm bei einer gerichtlichen Scheidung Tristan überlassen, er würde ihn zum Kaufpreis meiner Freiheit von mir begehren“ .… –

„Genug! unterbrach sie Leonor. Aber nun sage mir: ist es denn möglich daß Du Dich für gefesselt an diesen Mann betrachten kannst, der mit unerhörter Tyrannei gegen Dich verfährt, mit vollkommner Willkür seiner Wege geht, Rücksicht keiner Art nimmt aber Dir die Freiheit so grausam mißgönnt daß er Dich wie ein böser Bube den ängstlich flatternden Vogel an einem Faden hält. Ist's nicht genug daß er um Deine Hand einen ehernen Reif geschmiedet hat, mußt Du ihm auch noch Deine Liebe bewahren?“

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/200&oldid=- (Version vom 31.7.2018)