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wenn dies Gefühl im Treiben des Lebens und im Drang der Obliegenheiten, der Pflichten, der Studien, der oberflächlich freundschaftlichen Verbindungen auch eingelullt wird, so macht es sich dafür mit herzzerschneidender Heftigkeit gelten, wenn man auf dem Punkt ist die letzte, die einzige Seele zu verlieren an der man aus Instinkt hängt.“

Wochenlang sah Cornelie Leonor nie anders als voll aufopfernde Zärtlichkeit für Dorothee, voll unermüdlicher Sorgfalt für Tristan, voll einer Aufmerksamkeit und Rücksicht für sie, um ihr eine Mühe, ein Bedenken, eine Sorge zu ersparen, die sie mit Bewunderung erfüllten. Eine Freude zu machen oder eine Aufmerksamkeit zu erweisen ist sehr leicht, sobald die Umstände es begünstigen. Aber hier, aber für sie, aber jezt wo ihre ganze Lage etwas Verwundbares hatte – einer so zarten und linden Hand zu begegnen, war ein zwiefaches Glück.

Leonor hatte ein peinliches Gefühl nicht bei der Vorstellung unterdrücken können, daß er es mittelbar gewesen sei, der einen gänzlichen Umsturz aller ihrer Verhältnisse herbeigeführt habe, als er sie in Zürich in einer Lage fand, die einen so scharfen Gegensatz zu ihrer ehemaligen bildete. Wie wird sie ihn ertragen? fragte er sich beklemmt, nachdem die ersten Aengste um die Kranken überwunden und

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)