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„Ich dächte Sie entschlössen Sich kurz und gut zu einer Heirath. Wie alt sind Sie jezt?“

„Zweiunddreißig Jahr.“

„Die höchste Zeit – die allerhöchste! der Hagestolz bedroht Sie.“

„Es ist zu spät, Gräfin! – Jezt geben Sie mir zum Abschied Ihre Hand, und versprechen Sie mir recht glücklich zu sein. Die Vorstellung Ihres Glücks ist mir – ich kann nicht sagen tröstlich – aber ein liebes Bild, worauf die Gedanken mit Wolgefallen ruhen. Und wenn ich mich erinnern werde, wie ich Sie zum letzten Mal gesehen, von Sonne und Purpur und Blumen umstralt, köstlich gehegt und gepflegt wie ein Gnadenbild in reichgeschmückter Nische, selbst daß größte Kleinod zwischen all den Kleinodien – so wird es mir eine Wonne sein zu denken, daß doch Einmal eine von den Perlen, welche zuweilen aus der Hand Gottes fallen, in die ihr gebührende Fassung friedlich begnügten Glückes gekommen ist. Ihre Hand, meine liebe Gräfin.“

Sie gab sie ihm schweigend. Er hielt sie in der seinen und betrachtete sie stumm und so lange, daß Cornelie eine Bewegung machte um die Hand zurückzuziehen. Er gab sie frei und sprach traurig:

„Zu dem letzten Augenblick hätten Sie mir doch wol auf ein Paar Sekunden die Hand lassen können.“

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/083&oldid=- (Version vom 31.7.2018)