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einer neuen Zukunft entgegen. Dorothee fühlte ihre Brust unsäglich beklemmt. Die Angst der beiden letzten Tage, dann die Ueberraschung und die Freude, hatten sie heftig aufgeregt. Sie drückte ihre heiße Stirn an die Fensterscheiben und sprach leise unter strömenden Thränen: Wenn er nur glücklich wird, mein Gott! .… und wenn sie es doch auch wieder würde! –

Still und kalt sahen die Sterne sie an. Da ertönte Hufschlag aus der Ferne, kam näher und näher, und ein Reiter ritt in den Schloßhof hinein. Ah, der Fürst! sprach Dorothee zu sich selbst; wo ist denn der so lange gewesen? es ist zwei Uhr! ich muß ihm doch genauere Auskunft geben, als die Bedienten es können. Sie ging ihm zur Treppe entgegen; da rief er schon von fern ihr zu:

„Gottlob! ich weiß, Alles steht wol! .… das war ein Tag, Fräulein Dorothee!“

„Das war ein Tag! seufzte sie; – aber wo waren fürstliche Gnaden?“

„Ich hatte mich bis zur Annen-Kapelle hinauf verirrt.“

„Zur Annen-Kapelle oder Glatz? das ist ein frommer Wallfahrtsort,“ sagte sie freundlich.

„Ja, der Neujahrstag stimmt mich immer ernst. Gute Nacht, Fräulein Dorothee.“

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/078&oldid=- (Version vom 31.7.2018)