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vierzig Jahren im Schloß waltete, freudestralend und eilfertig ins Zimmer und rief:

„Liebes Mamsellchen, wir sind endlich niedergekommen, wir haben ein Söhnchen!“

Dorothee stürzte pfeilschnell hinaus, Leonor lachte über den Mißbrauch des Pronomens, und die alte Dame fragte mit wem sie die Ehre zu sprechen habe. Er nannte sich. Da erzählte sie ihm Geschichten aus der Zeit seines Vaters und seines Großvaters, die sie Beide gekannt, und würde sich auch wol bis zum Urgroßvater verstiegen haben, hätte Dorotheens Rückkehr sie nicht unterbrochen. Diese warf sich ihrem Bruder um den Hals, dann der Kastellanin, lachte und weinte, und jauchzte ganz überselig:

„Sie lebt! sie lebt! o die Glückseligkeit! … und das Kind lebt auch!“

„Der kleine Graf!“ berichtigte die Kastellanin, ganz vergessend daß sie selbst vom Freudenrausch sich hatte hinreißen lassen gegen alle Regeln der Etikette den kleinen Grafen, dies neugeborne Würmchen! „Söhnchen“ zu nennen.

Als die Geschwister wieder allein waren bot Dorothee ihrem Bruder die Hand und sprach:

„Vergieb Leonor, wenn ich etwas gesagt habe das wie mißverstehen Deiner guten Absicht klang.

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/070&oldid=- (Version vom 31.7.2018)