„Mir wär' es auch lieber wenn er mir das Vermögen ohne Bedingung vermacht hätte. Aber wer weiß! das Mädchen ist vielleicht sehr hübsch und sehr klug. Bist Du nicht hübsch und klug? bin ich es nicht? sie gehört zur Familie, warum sollte sie aus der Art geschlagen sein?“
„Ja Du! sagte Dorothee, führte ihn an der Hand zum Fenster um ihn im Dämmerlicht genauer betrachten zu können und sah ihm mit huldigender Zärtlichkeit in die Augen: Du, mein Leonor, bist freilich wunderhübsch und wunderklug .… aber eben darum darfst Du nicht auf eine Frau rechnen, welche Dir darin gleich käme .…besonders wenn sie so viel Geld hat. Nicht Einem Alles! das glaube mir, Leonor.“
„Aber warum denn nicht, Dorel! Ist nicht Graf Sambach Einer .… und hat er nicht Alles? weshalb nicht mir ein ähnliches Glück?“
„Graf Sambach? sagte sie gedehnt, o nein, der hat nicht Alles, Leonor: er hat kein Gewissen.“
„Ach Kind! das ist etwas Andres! ich spreche ja von Glück haben!“
„Und ich meine eben daß es besser ist kein so unmenschliches Glück zu haben, weil es das Gewissen häufig einschläfert.“
„Hast Du solche Bemerkungen hier machen
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/067&oldid=- (Version vom 31.7.2018)