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„Das ist wahr! sagte Gotthard, ich hab' kein Resultat meines Lebens aufzuweisen. Ich bin nicht Gatte noch Vater, nicht Staatsmann noch Krieger, nicht Diplomat noch Gelehrter, nicht Herr noch Knecht, nicht Künstler noch Autor – und ein Mensch, der freiwillig in gar keine Beziehungen treten kann und wenn sie ihm gegeben sind zu ihrer Ausbildung völlig untauglich sich fühlt, ist ein entsetzlich unvollkommnes Geschöpf – das geb' ich zu. Dennoch hab' ich eine Art von Satisfaktion des Gewissens: Niemand leidet durch meine Untauglichkeit als ich allein.“

„Dies ist eine Art von Gewissensberuhigung, die ich durchaus nicht gelten lassen kann! entgegnete Eustach. Niemand leidet als ich! spricht man und fühlt sich erhaben. Aber das ist die menschliche Bestimmung verkennen. Was würde das für eine Welt sein, wo Jeder sich in seine unbewegliche Größe wickelte und gelassen spräche: Niemand leidet als ich! – Für passives Leid ist kein Mensch geboren! ich meine .… kein Mann. Trifft ihn in Folge seines Handelns und Wirkens, seines Ehrgeizes, seiner Liebe, seines Hasses ein Leid – tant pis pour lui! das macht ihn weder groß noch tüchtig; nur zuweilen, und unter gewissen Umständen kann es ihm die Glorie der Tugend geben. Thomas Morus, der sich köpfen ließ weil er nicht die

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/053&oldid=- (Version vom 31.7.2018)