trug die Kammerfrau ihren Spruch vor. Er hatte Lust sie bei Seite zu schieben und allen Regeln des Anstands zuwider ins Schlafzimmer zu bringen, denn wenn Cornelie ihn wirklich nicht sehen wollte, wie sollte er es anfangen um sie zu beruhigen. Umsonst versuchte er Einlaß bei Madame Orzelska; sie ließ sich mit ihrer Migräne entschuldigen. Das war ihr stereotyper Vorwand bei allen unbequemen Vorkommenheiten. Er langweilte sich fürchterlich, so ganz allein, verwöhnt wie er war durch die Gesellschaft der beiden Frauen.
Ah bah! murmelte er, warum lasse ich mir denn das gefallen! – und ging zu Cornelien. So wie die Kammerfrau Miene machte ihren Spruch zu beginnen, sagte er ungeduldig:
„Ganz gut, mein Kind! jezt gehen Sie zur Gräfin und fragen Sie ob ich ihr Gute Nacht sagen dürfte.“
Das geschah, und nach einem Weilchen öfnete die Kammerfrau schweigend die Thür.
„Lieber Engel, warum hast Du mich denn eigentlich immer abweisen lassen?“ fragte er und setzte sich in dem Lehnstuhl vor ihrem Bett bequem zurecht.
„Weil ich mich recht unwol fühle und auch jezt gern allein sein mögte,“ antwortete sie mit der beklommen Stimme der Fieberkranken.
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/015&oldid=- (Version vom 18.8.2016)