Seite:De Zwei Frauen (Hahn-Hahn).djvu/150

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


ihr sich bestimmt - hauptsächlich aus Liebe für seine Mutter; denn in kindlicher Unerfahrenheit bildete er sich ein, daß ein recht geschickter Arzt sie retten könnte; und daß er ein solcher werden würde, daran zweifelte er natürlich nicht. Später hatte die Glorie welche den berühmten Arzt umgiebt großen Einfluß auf seine Wahl. Der Ruhm, der Reichthum, die Ehren, der gewiß dominatorische Umgang mit den auf der höchsten Stufe der Gesellschaft Stehenden, was Alles einem gefeierten Arzt nicht fehlt - die Schmeicheleien seiner Kranken, die Huldigungen seiner Anhänger, die Dankbarkeit seiner Geretteten - die tausend und aber tausend Rücksichten und Aufmerksamkeiten, deren Gegenstand Derjenige ist, welcher die Menschen zu dem Glauben zu veranlassen weiß, daß ihr Leben und Heil in seiner Macht liegt - konnten nicht verfehlen auf einen Character wie den seinen wichtigen Einfluß, ja eine Art von Magie zu üben. Ertheilt nicht der Arzt Audienzen? läßt er sich nicht stundenlang erwarten? beglückt und vernichtet er nicht mit einem Wort? hat ein König mehr Gewalt über die Seelen? gewiß nicht! leben - ist für Jedermann doch noch wichtiger als in Gunst und Gnaden leben. Leonor studirte mit Eifer, Fleiß, Ausdauer und unermüdlicher Rastlosigkeit; aber nach

Empfohlene Zitierweise:
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/150&oldid=- (Version vom 31.7.2018)