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machen ist ja eben sie bilden, und wer das beabsichtigt und erreicht, darf mit sich und seinem Streben zufrieden sein. Gleichviel welche Zöglinge aus dieser Schule hervorgehen und ob sie hoch oder tief in der Welt stehen! sie sind wolgerathen: das scheint mir die Hauptsache.“

Aurora dachte als sie dies las: Cornelie redet wie eine Person, die nie nöthig hat sich geistig herabzustimmen, die beständig Anklang und Anregung findet, und die daher nicht das Bedürfniß kennt, in einem andern Bewußtsein als in dem, nähen und stricken beigebracht zu haben, sich auszuruhen. - Das war ganz richtig. Doch das was Cornelia sagte war darum nicht weniger richtig.

Übrigens bekam Aurora grade in dieser Zeit mehr Umgang nach ihrem Sinn. Ihr alter fünfundsiebzigjähriger Prediger starb, und ein andrer, ein junger, gescheuter Mann von umfassendem Verstand, tüchtiger Bildung und herrschsüchtigem Character erhielt seine Stelle. Er gefiel Auroren außerordentlich, sah aus wie ein Paulus, predigte wie ein Johannes und lebte apostolisch - mit seiner sehr hübschen Frau, die auch recht munter und artig war. Zu gleicher Zeit kam in das benachbarte Städtchen ein andrer Kapitän in Garnison, ein Schöngeist, der nicht blos neue Bücher las, sondern deren auch

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/131&oldid=- (Version vom 31.7.2018)