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bin auch zufrieden; aber einsam bin ich ebenfalls; - im äußern Leben nicht, doch in meinen Gedanken, im Leben des Geistes. Ja, ich lese viel mit Eustach, ich bespreche seine Erlebnisse mit ihm und werde nicht müde mir von ihm erzählen zu lassen was er gesehen, gehört und gedacht hat; aber nichts desto weniger oder vielleicht grade deshalb wird es mir bei solchen Unterhaltungen immer klar und klarer, daß ich die Dinge anders betrachten und beurtheilen muß um sie zu verstehen. Sieh, zu dieser Einsamkeit ist, glaub' ich, der Mensch berufen, damit er aus der Einkehr in sich selbst lerne sich selbst zu erkennen, und ist er dadurch gereift und gelichtet, so mag er ja wol eine Sphäre erreichen in der ein tiefer gemeinschaftlicher Zusammenhang und Einklang mit Gleichgesinnten ihn erwartet. Doch wie selten ist das. Die unbedeutenden Menschen bleiben in zusammenhangsloser Unvollkommenheit, und die großen gerathen auf einen Punkt, wo sie vielleicht mit Geistern aus einer anderen Weltordnung mehr Verkehr haben mögen als mit der unsern: dermaßen werden sie mißverstanden und richten sie im Verhältniß zu ihren Kräften wenig aus. Wenn Du so fleißig wie ich die Geschichte der Völker und Menschen lesen würdest, so grämtest Du Dich gewiß nicht um

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/057&oldid=- (Version vom 31.7.2018)