Seite:De Zwei Frauen (Hahn-Hahn).djvu/048

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


darfst Du nicht diesen Ausbruch deuten. O nein! Elsleben ist gut .… man kann kaum besser sein! dazu fühlt er sich durch und durch befriedigt und ausgefüllt in dieser merkwürdig engen Sphäre, blickt nie hinaus, hinüber, thut und denkt außerhalb derselben nichts; es würde nur ein Mirakel scheinen so zu sein, wenn ich's nicht vor Augen hätte. Es wäre sublim, wenn dabei ein Gefühl, ein Gedanke, eine Aufwallung thätig wären, die außerhalb des Bereichs der fünf Sinne lägen. Kann es denn wirklich Fälle geben, wo die Unvollkommenheit eine Vollkommenheit ist? .… dann ist er vollkommen. Sieh! grade das beängstigt mich so unsäglich: in seiner Art ist er vollkommen und ich .… vermisse doch gar mancherlei in und an ihm; ich habe mehr Fehler und Unvollkommenheiten als er, und dennoch kann ich den Gedanken nicht los werden, daß in meinem aufrichtigen Streben mehr Fortschritt liegt als in seiner Unwandelbarkeit. Das verursacht mir einen innern Zweispalt, der mich namenlos martert, denn aus Liebe thue ich meine Pflicht, und bin dennoch nicht glücklich, weil ein Etwas in mir ist, das durch die Pflicht nicht verbraucht wird. Was fange ich damit an? Hätte ich irgend eine Seele mit der ich mich darüber mündlich besprechen könnte - wäre mir überhaupt

Empfohlene Zitierweise:
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/048&oldid=- (Version vom 31.7.2018)