an natürlichem Verstand noch an gutmüthigen Wallungen, welche leztere ihn stets bereitwillig machten das Beste zu thun - wenn nur nicht zwischen Entschluß und Ausführung fünf Minuten lagen die ihn auf andre Gedanke bringen konnten. Er war der Typus eines gewöhnlichen Menschen.
Die stille Cornelie schien keine großen Ansprüche an Liebesaufwand und Gefühlsreichthum zu machen, sondern mehr einer wolwollenden und ermunternden Führung, eines vertrauenvollen Anschmiegens zu bedürfen; und hinsichtlich des Verstandes, der Lebenserfahrung, des Alters, war Eustach Graf von Sambach, siebzehn Jahr älter als sie, von der Wiege an heimlich in der großen Welt, gewiß ganz dazu geeignet ihr durch Rath, Beispiel und Belehrung eine Richtung zu geben, die ihrer Eigenthümlichkeit entsprach; - nur aber war er kein gewöhnlicher, sondern ein verderbter Mensch. Sein Vater war lange Jahre Gesandter in Stockholm zur Zeit Gustavs III., und ein großer Liebling dieses geistreichen, unsittlichen Königs - seine Mutter eine schwedische Gräfin desselben Hofes von mehr wie zweideutigem Ruf gewesen. Man nannte heimlich eine fürstliche Person als seinen wirklichen Vater; genug - war Eustach ein unächter Sohn, so war er wenigstens das ächte Kind jener vornehmen Verderbniß,
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/013&oldid=- (Version vom 31.7.2018)