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derhait aber umb die jar 1300, under der regierung des römischen künig Albrechts, ist ein tombrost gewest zu Basel ufm mehrern gestift, genannt herr Diether von Speckbach, ein verstendiger, holtseliger, personierter man und der ain

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weltman, menigclich lieb und wert war. Der lebt wol bei seinen zeiten und war cöstlich nach der welt brauch in allen dingen, dann er vil pfründen und gaistlich beneficia. Under anderm het er ain guete pfarr ufm landt, darzu er dann ein schöne behausung gebawen, gleichwol solche an

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dem kirchhoff daselbst gelegen. Einsmals wandlet er sommerszeiten dahin, und demnach es ein warme zeit, er auch nachts nit wol hitze halb schlafen kunt und dann die kammer uf den kirchoff sahe, da öffnet er gar nahe umb die miternacht die fenster. So ersicht er ufm kirchoff

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allernechst ein todtendanz von vil peronnen hin und wider danzen und wandlen, mit facklen und liechtern; die sangen mit ganz dussemer, haiserer stim:


»Wer ich da zu Kerzhaim,

Als ich bin zu Langkhaim,
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So welte ich vor meinem ende

Guetes vil bewende
Und für mich hin senden« etc.

Alle, die aber diser tombropst am todtendanz sahe und bei irem leben hett gekennt, waren ains unrechten und

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unnatürlichen tods gestorben oder umbgebracht worden. Er kunt auch augenscheinlichen die wunden und zaichen an iren leiben seines erachtens ersehen. Desselbigen jars soll dieser tombropst zu Bassel auch gestorben sein. Baldt darnach hat der custor oder sigrist im tom, ein ehrlicher,

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frommer man, uf ein nacht sichtbarlichen gesehen, das die bösen gaist den tombropst in aller gestalt, als ob er noch lept, uf dem dach der tombropstei umbzogen und greuslichen umbschlepten, hat auch darbei gehört, das dieses tombropsts gestalt mit einer cleglichen und nidern stim mermals

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geschrawen:


»Nos, qui sumus in aperto
Vox clamantis in deserto,
Nos desertum, nos deserti[1],
Nos de poenis sumus certi.«


  1. deserti] hs. deferti; dieses vielleicht statt delati; s. Du Cange-Henschel, Glossarium II, 776.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_120.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)