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ain arme fraw und solche gulden nit ererbt, derhalben sie beschickt und ernstlichen befragt, waher ir doch solch stuck goldts kommen. Do hat sie inen die warhait und all sach, wie hieob gemelt, geöffnet und nichs verhalten. Also hat

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man die guet fraw wider lasen abscheiden, iedoch ir bei höchster peen eingebunden, waver dise componia wider kommen, das sie nit underlasen, sonder eilends der stat zu welle und etlichen verordneten in der vorstat solchs anzaigen soll, bei denen auch versehen worden, das sie, im

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fahl inen was weiters fürgebracht, sich hierinen der gepür nach halten und, was es doch für leut seien, erkundigen sollen. Aber dise componia ist hinfüro in vil jaren nit mehr in Clingel kommen oder gesehen worden und sein so lang ußbliben, das mitler weil die alt fraw gestorben und ein

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andere dahin geordnet worden. Die hat auch vil jar im Clingel gewonet und von diesem handel nichs gehört; so hat man ir auch nichs anzuzaigen, wie bei der vorigen frawen beschehen, befolchen. Ist also biß in die fünf und zwainzig jar angestanden, das man von diser componia weiter nichs

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gehört. Aber im jar nach Christi gepurt 1542, als der groß Türkenzug angangen, darin doch laider nit vil ußgericht worden, ist graf Wilhelm von Eberstain [1074] des schwebischen krais obrister gewest. Mitler weil und er in Hungern gewesen, do sein sie aber ein mal in den Clingel kommen,

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dergestalt. Es ist vast umb mitternacht der alt man für das haus kommen, angeklopft und an die fraw begert, man soll im die capellen ufthuen. Das hat die fraw gethon. Do hat sie den alten in aller gestalt und beklaidung gesehen, wie hievor die ander fraw ine auch gesehen. Es sein im

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drei par kurzer mentschle nachgangen, alweg ein mansperson und ain weib, und die sein nit in gaistlicher claidung, wie vormals, beklaidet gewesen, sonder in weltlicher claidung, und under den weibspersonnen ist eine allerdings zugerüst gewesen, als ob sie ain hochzeitere were. Sie sein

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in die capellen gangen, aber zwen man, die inen am letsten nachgefolgt und ieder ein leiren bei sich gehapt, die sein vor der capellen bliben. Der alt man aber hat, wie sie hineinkommen, sein buech herfür gezogen und darin gelesen, und alle die zeit er gelesen, sein die drei par creuzweis uf

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dem boden gelegen, nachgends wider ufgestanden. Do ist der alt greis zu inen gangen, und hat die Clingelfraw gesehen, das er zwaien under inen die hendt zusamen gefüegt


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_116.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)