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hünder im seien bei acht oder zehen personen gewesen, kleine, kurze leütle, ires erachtens weibsbilder, haben schwarze claider angetragen, wie die closterfrawen, und ir iedes ein laternen in der handt mit einem brinenden liecht. Der alt

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man hat die frawen gebetten, das sie unbeschwert inen die capellen öffnen, dess wellen sie ir lonen. Die fraw hat sich angelegt, ist herab zu inen gangen und die capellen geöffnet. Do hat sie mit dem alten man geredt; der hat ir auch widerumb antwurt geben, aber die kleinen weiblin haben

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nichs geredt. Der alt man ist vor inen allen in die capellen gangen; darin het er in eim buch, so er mit im dargebracht und under dem arm gehapt, gelesen und gebettet. Die andern sein im alle nachgangen, ie par und par, und alle dieweil der alt man in dem buch gebettet, haben sich

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die andern alle creuzweis, als in einer venia, in der kirchen gelegt. Die alt fraw hat inen ernstlich zugesehen, was doch zuletst darauß werden, und als sollichs bei einer stund ungefärlich gewert, do sein sie wider auß der capellen gangen, der alt man vor, die andern geparet hernach. Also hat der

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alt man der frawen für ir mühe ain goldguldin geschenkt und sein damit abgeschaiden, das die alt fraw nit sagen künden, wo sie hin kommen, allain daz sie gesehen, daz sie mit ainandern den karrenweg am Eberstainer perg hinauf gangen, als ob sie in das schloß welten. Und das hat die

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fraw weiter gesagt, was der alt man mit ir geredt, das hab er alles zwaimal gesagt. Hiebei kan ich nit underlasen zu vermelden, das der alt man der frawen den goldguldin geschenkt, hat er gesagt: »Liebe fraw, lasen euch disen guldin lieb sein und behalten in wol, dann ir werden sein noch

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ganz notturftig werden!« Das hat die fraw gethon, und im selbigen jar ist ein solche gehe theurung im Murgenthal und deren enden eingefallen, das vil under denen armen grosen mangel und hunger leiden müesen. Also wie die fraw alles ir vermögen umb brot und ander victualien

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ußgeben und sonst nichs mer anzugreifen, hat sie den alten guldin, so ir, wie oblaut, zugestanden, zu Gerspach uf dem wochenmarkt umb frucht ußgeben. Es ist aber solch stuck golds eins solchen alten schlags oder gepregs gewest, das es nit ist erkennt worden. Und wie dann dergleichen sachen

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oft fürkommen, als das an den vogt und an ein rath zu Gerspach gelangt, hat man vermaint, es hab villeucht die fraw ein schatz gefunden, dann inen wol bewüst, das sie


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_115.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)