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haben. Der underwandt sich sein mit allen trewen, erzog und underwis ine drei jhar lang, so böst er möcht. Es wardt domals am hof ain künstler, kunte die offlateneisen[1] maisterlichen graben, hieß maister Federlin Latein. Der

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war nun neben seiner kunst ein wunderbarlicher fatzman, also das er leuchtlichen zu großem zorn bewegt und dann gleich wider begüetiget mögt werden. Und dieweil er aber herr Johannsen Wernhern freiherren von Zimbern dem eltern wol bekannt gewesen, konte er, Federlin, ohne diesen

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jungen herren nit sein, sonder, wa es sein mögte, kam er zu im, sprechendt: »Ir sein ain feins herlin, ir hapt ain herrlichen, feinen herr vatter gehapt und sein mir lieb.« So sagt dann herr Gotfridt Wernher: »So bistu ain böswicht, du hast meim herr vatter vil gestollen und in

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verraten.« Damit pracht in der jung herr dermaßen uf, das er, Federlin, sprach: »Du bist selbs ein böswicht und hast gestollen; das dich die pestelenz ankom als böswichts!« Darauf herr Gottfridt Wernher: »Du hast meim herrn vatter gestollen, du kansts nit leugnen.« Sprücht Federlin: [504]

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»Du leugst, du böswicht! bub, gang müeßig!« So er dann zum höchsten zu zorn bewegt, sprach herr Gottfridt Wernher: »Wolan, maister Federlin, ich hab mit euch geschimpft, mir ist nit ernst gewesen, ir sein ein ehrlich man.« Das nam maister Federlin an, sagendt: »Ei, liebs herlin, ir sein

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ain feins herlin.« Wann er dann den jungen herren lang gelobt und in aber derselbig wider ufbringen und damit sein kurzweil haben wolt, sprach er abermals: »So bistu ein böswicht.« Das mocht Federlin nit leiden, sprach: »Das dich die pestelenz ankom, als böswichts! du bist ain

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wissender böswicht, du bub! du böswicht!« Diese abenteur hat der jung herr etwann lang mit im angetriben. Wie gehört, das herr Hanns Ebron ein so ernhafter ritter gewesen, so ist zu wissen, das mitlerweil und herr Gottfridt Wernher an hof sich begeben, das herr Gotfridt Wernher mit ainer

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jungfrawen ußerm frawenzimmer gespilt und sich villeucht etwas nahe zu ir gethon und sie angriffen. Das ist herr Hanns Ebron inen worden. Der hat in derhalben beschickt und befragt, ob es war sei. Hat herr Gotfridt Wernher nit geleugnet, sonder ja gesagt, doch darbei vermeldt, er nit

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vermaint hab, unrecht hieran gethon haben. Darauf herr Hanns


  1. offlateneisen] zur hostienbäckerei.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_377.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)