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ist geachtet worden, so hat er doch in diser sach sich groblich vernachthailt, und soll diß ungeverlich die ursach sein. Sein gemahel, die Beckline, ist ain betagte, alte fraw gewest, aber unangesehen irs alters hat sie wol schmeckende

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wasser und alles anders, so zu ainer decoration oder bezierung des leibs dienstlich hat sein megen, gebraucht. Sollichs hat nun graff Ludwig vilmals wahrgenomen, wiewol er nie dergleichen thett, als ob er es merkete. Auf ain zeit, als graf Ludwig bei ir zu Straßburg gewest, hat er

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etlich seiner freundt und verwandten, zu ihm bei nechtlicher weil zu komen, beschaiden, in, wie zu zeiten under vertrawten freunden beschicht, mit ainer mumerei bei seinem gemahel im bet aufzuheben; und als sein gemahl hievon etwas gemerkt, do hat sie am abendt darvor, als sie zu pet

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geen wellen, mit schönen hauben, kettin, ringen und andern sich geziert. Nun hat sie aber ain gläslin mit ganz wolriechenden wassern allernechst bei dem pet gehabt, darauß sie all necht phlegt, ehe sie nider gangen, sich im angesicht und wo ir gefelliger, anzustreichen. Domals hat graf Ludwig

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den abendt darvor solch gläslin haimlich über das halbthail außgelert und mit ainer gueten dimpten wider zugefüllt. Demnach aber nun die guet fraw zu pet geen wellen, hat sie, wie ir geprauch gewest, sich mit der dinten bestrichen, darvon sie im angesicht nit anders, dann wie ain

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mor gesehen. In der nacht, als die herrn kommen und mit ainer musica und vil wintlichtern graf Ludwigen ufheben wellen, ist ain groß gelechter under inen worden, als sie das alt weib, so schön geziert, wie ain moren im bet neben graff Ludwigen gesehen, derhalben mit großem gespött und

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gelechter widerumb ir straß gangen. Wiewol sie nun nit wissen megen, warumb diß gelechter gewest, hat sie doch wol etwas geargkwont; derhalben des morgens darnach sich vor aim spiegel gesehen, hat sie, wie die sachen beschaffen, wahr genomen; darab sie ain solchen verdruß und unmut

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empfangen, das sie in kürze darnach ain testament gemacht, darinen alles ir gelt und guet und was sie gehabt, an gotzgaben und andern iren nechsten freunden vermacht. Damit hat Ludwig das guet verscherzt, das im gar wenig darvon beliben.

Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_102.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)