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§ 53. Zu ihrer Sustentation aber sind den Domkapitularen, Dignitarien und Canonicis der Ritterstifter neun Zehntel ihrer ganzen bisherigen Einkünfte, und zwar jedem einzelnen, was er bisher genossen hat, zu belassen. Auf gleiche Weise sind die Vicarien bei ihren Wohnungen, und da sie meist gering stehen, bei ihrem ganzen bisherigen Einkommen, bis sie etwa auf andere geistliche Stellen versorgt werden, zu belassen, wogegen sie ihren Kirchendienst einstweilen[1] fortzuversehen haben.

Die Domicellaren da, wo sie wirklich schon einigen Genuß ihrer Präbenden bezogen haben, werden in der Quote ihrer Sustentation den Kapitularen gleich gehalten und rücken hiernächst, falls sich der Landesherr nicht in ander Weg mit ihnen abfindet, in die vacirend werdenden Kapitelspfründen.

§ 54. Kapitularen und Domicellaren der Dom-, Ritter- und Mediatstifter, welche nach den verschiedenen Statuten der Stifter entweder erst nach dem Ablaufe der Carenzjahre oder nach eintretenden andern Verhältnissen zum Genusse kommen, sobald sie nur in dem wirklichen Besitze ihrer Präbenden sind, haben ganz gleiche Rechte als diejenigen, welche sich wirklich schon im Genusse ihres Präbenden befinden.

§ 55. Die Stifts-Frauen und Fräulein bleiben in so lange bei ihrem bisherigen Genusse, als es dem neuen Landesherrn nicht räthlicher scheint, sie gegen eine zu ihrer Zufriedenheit zu regulirende Abfindung aufzuheben.

§ 56. Für die kapitularischen geist- und weltlichen Dienerschaften gelten die nämlichen Dispositionen, welche hiernach wegen der eigenen fürstlichen Dienerschaften folgen.

§ 57. Die Conventualen fürstlicher, auch Reichs- und unmittelbarer Abteyen sind auf eine ihrer bisherigen Lebensweise angemessene anständige Art in ein oder der andern Communität ferner zu unterhalten, oder denen, welche mit landesherrlicher Verwilligung austreten, bis zu anderweiter Versorgung, eine Pension von 300 bis 600 Gulden, nach dem Vermögen ihrer Stiftung zu verabreichen. Für die Laienbrüder ist auf ähnliche Art zu sorgen. Novizen, welche durch Gelübde noch nicht gebunden sind, können von den Landesherren mit einer dreijährigen, verhältnißmäßigen Pension entlassen werden.

§ 58. Kaiserliche Precisten, welche ihre Preces den Stiftern bereits präsentirt, und den schon eingetretenen Einrückungsfall nicht etwa haben vorbeigehen lassen, erhalten bei den künftigen Erledigungsfällen eine verhältnißmäßige Pension; und eben dieses gilt auch von denjenigen Panisten, welche auf ihre Laienpfründen ein schon erwobenes anerkanntes Recht haben.

§ 59. In Ansehung der sämmtlichen bisherigen geistlichen Regenten, auch Reichsstädte und unmittelbaren Körperschaften, Hof-, geistlichen und weltlichen Dienerschaft, Militair und Pensionisten, in so ferne der abgehende Regent solche nicht in seinem persönlichen Dienste behält, so wie der Kreisdiener, da, wo mit den Kreisen eine Veränderung vorgehen sollte, wird diesen allen der unabgekürzte, lebenslängliche Fortgenuß ihres bisherigen Rangs, ganzen Gehalts und rechtmäßiger Emolumente, oder, wo diese wegfallen, eine dafür zu regulirende Vergütung unter der Bedingniß gelassen, daß sie sich dafür nach Gutfinden des neuen Landesherrn, und nach Maaßgabe ihrer Talente und Kenntnisse auch an einem andern Orte und in andern Dienstverhältnissen gebrauchen und anstellen lassen müssen; jedoch ist solchen Dienern, welche in einer Provinz ansässig sind, und in eine andere gegen ihren Willen übersetzt werden sollen, freizustellen, ob sie nicht lieber in Pension gesetzt werden wollen.

In diesem letztern Falle ist einem fünfzehnjährigen Diener sein voller Gehalt mit Emolumenten, einem zehnjährigen zwei Dritttheile, und denen, die noch nicht volle zehen Jahre dienten, die Hälfte als Pension zu belassen. Den wirklichen Pensionisten sind, falls nicht etwa neuerlich hie und da Mißbräuche untergelaufen wären, ihre Pensionen fortzubezahlen.

Sollte der neue Landesherr einen oder den andern Diener gar nicht in Diensten zu behalten gedenken, so verbleibt demselben seine genossene Besoldung lebenslänglich. Sollten hingegen seit dem 24. August 1802 neue Pensionen oder Besoldungserhöhungen verwilligt, oder ganz neue Besoldungen gemacht worden seyn, so bleibt es billig dem neuen Landesherrn überlassen, ob er solche Verwilligungen den Grundsätzen der Billigkeit und einer guten Staatsverwaltung angemessen findet.

§ 60. Die dermalige politische Verfassung der zu säcularisirenden Lande, in so weit solche auf gültigen Verträgen zwischen dem Regenten und dem Lande, auch andern reichsgesetzlichen Normen ruht, soll ungestört erhalten, jedoch in demjenigen, was zur Civil- und Militair-Administration und deren Verbesserung und Vereinfachung gehört, dem neuen Landesherrn freie Hand gelassen werden.

§ 61. Die Regalien, Bischöfliche Domainen, Domkapitelische Besitzungen und Einkünfte fallen dem neuen Landesherrn zu.

§ 62. Die Erz- und Bischöflichen Diöcesen aber verbleiben in ihrem bisherigen Zustande, bis eine andere Diöcesaneinrichtung auf reichsgesetzliche Art getroffen seyn wird, wovon dann auch die Einrichtung der künftigen Domkapitel abhängt.

§ 63. Die bisherige Religionsübung eines jeden Landes soll gegen Aufhebung und Kränkung aller Art geschützt seyn; insbesondere jeder Religion der Besitz und ungestörte Genuß ihres eigenthümlichen Kirchenguts, auch Schulfonds nach der Vorschrift des Westphälischen Friedens


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Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit. Tübingen 1913, Seite 524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_524.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)