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halben vermög des Reichs Constitutionen und Observantz die Bestell- und Visitirung derselben oblieget, so werden sie auch nicht unterlassen, dero zu Beförderung der heilsamen Justitz im Reich tragendem sonderbaren Eyfer und Begierd nach, mit allem Fleiß darob und daran zu seyn, damit jetzt und inskünfftig ermeldte Cammer-Gerichts-Cantzley nicht allein mit qualificirten Personen ersetzet, sondern auch alle andere dabey befindliche Mängel und Gebrechen, sonderlich der Acten, Protocollen, auch deren mehr emsigeren Completurn halber vermittelst ordentlicher Visitation förderlich remedirt werde, allermassen sie sich dann hierzu erbietig gemacht.

§ 105. Benebens sollen Cammer-Richter, Präsidenten und Beysitzere bei Administration der heylsamen Justitz so wohl die Statuta und Gewohnheiten als die Reichs-Abschiede und gemeine Rechten vor Augen haben und wohl beobachten und sich in den Schrancken der Cammer-Gerichts-Ordnung halten, daraus nicht schreiten, die erste Instantias und Austräg bey Erkennung der Processen fleißig in Acht nehmen, was dargegen vorgangen, wieder abthun, fürs künftige die Violatores dergleichen ersten Instantien mit geziemender Straff pro arbitrio Iudicis ansehen, wie auch insonderheit den Unterthanen und Bürgern wider ihre Obrigkeiten die Proceß nicht leichtlich erkennen, sondern vorhero um Bericht schreiben und deme, was im Deputations-Abschied de anno 1600. wegen der armen Parteien verordnet, gleicher Gestalt auch mit allen andern Unterthanen fleißig observiren.

§ 106. Wie nun solches von den causis mandatorum et simplicis querelae eigentlich zu verstehen, allwo der Bürger und Unterthan directe wider seine Obrigkeit klaget, also soll es daneben auch gehalten werden, wann Sachen, die der bey einem Stand insgemein eingeführter guter Policey, Zunfft- und Handwercks-Ordnungen anhangen, durch Appellation an Unser Kayserl. und des Heil. Reichs Cammer-Gericht gezogen werden wollen, daß der Richter, ehe er die Proceß erkennet, jedes Orts Obrigkeit und des Status publici mit einlauffendes Interesse mit seinen Umständen wohl erwegen, fürnehmlich aber in dergleichen Sachen keine Inhibition leichtlich erkennen, sondern, dafern solche Sach wider selbigen Orts hergebrachte, vernünfftige und den Reichs-Constitutionen nicht ungemäße Handwercks- und andere hergebrachte, rechtmäßige Ordnung lauffet, zu Abschneidung des in denen Reichs-Constitutionen so hoch verbotenen Auftreibens und Scheltung der Meister und Gesellen und anderer Ungelegenheiten, ab und an des Orts Obrigkeit, als die ohne das den Gewalt haben, dergleichen Statuta nach Gelegenheit der Läufft und Zeiten zu widerruffen und zu ändern, verweisen.

§ 107. Als auch bey den Handels-Städten in Wechsel-Sachen, zu Meß-Zeiten und sonsten Casus vorfallen, da nicht allein nach Kaufmanns-Gebrauch, sondern nach aller Rechts-Gelehrten Meynung die parata Executio stracks Platz haben solle und innerhalb 24 Stunden oder etlich wenig Tagen zu geschehen pflegt, so lassen Wir es auch, damit die Creditores nicht öffters aus bloßer Widersetzlichkeit der Schuldiger nicht allein um die Schuld selbsten, sondern auch um allen Credit, Ehr und Nahrung gebracht werden, darbyi dergestalt verbleiben, daß in solchen Wechsel-Fällen dem Richter erster Instanz unbenommen seyn solle, ohngehindert einiger Appellation oder Provocation nach der Sachen Befindung und Ermäßigung, entweder mit oder ohne Caution der Gläubigern, die Execution zu vollziehen und die Debitores zur Schuldigkeit anzuhalten.

§ 108. Wie aber zu verhüten, daß die Appellationes nicht so häuffig an Unser Kayserlich und des Heil. Reichs Cammer-Gericht gezogen werden, da haben Wir samt Chur-Fürsten und Ständen und der abwesenden Räthen und Gesandten den Uns von den Beysitzern im Jahr 1643 eingeschickten Vorschlägen und Anführungen reifflich nachgedacht und mit Umständen alles wohl erwogen, wie den litigirenden Parteyen der Weg zu Einbringung etwa unnöthiger Appellationen vermittelst Vorschützung gewisser Verordnungen vorgebogen und nicht, wo nicht zu Unterdruckung, jedoch Verzögerung des Rechtens, zu eines und des andern Zanksüchtigen Vortheil und Belieben der Weg sogar offen stehen und gelassen werden möge. Und ist solchem nach Unser verordneter Will und Meynung, erinnern auch ernstlich hiemit und in Krafft dieses, daß Churfürsten und Stände dero Gericht mit qualificirten Leuten also bestellen sollen und wollen, damit sich niemand darwider zu beschweren oder doch um soviel weniger zu beklagen dahero Ursach nehme, als wären dieselbe im Reich hin und wieder dermaßen übel besetzet, daß

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_450.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)