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Grossen; sodann zu feine Zärtlichkeit und Sorgfalt. Bei jenen sinds bekannte und beliebte Sprüche, daß nichts so beschwerlich sei, als Dankbarkeit, nichts so unerträglich, als fortgesetzte Hochachtung, und der tägliche Anblick eines anerkannten Verdienstes. Neue Huld erwirbt sich also neue Dankbarkeit; und Geschöpfe, die man sich selbst zuziehet, ja in die man Gaben und Verdienste legt, die ihnen die Götter nicht zugetheilt hatten, sind eine reizende eigene Schöpfung. Den alten Bäumen mag also ihr Saft entzogen werden, damit die junge Welt blühe und wuchre. Wer nun in solchen Fällen nicht größer ist, als der von dem er abhängt, der stirbt in sich am Unmuth der Selbstverzehrung. Die majestätische Stimme Philipps 2. „Yo el Rey“ hat schon Manchen solcher Art getödtet. Diesem Morde menschlicher Verdienste und Kräfte stehet ein andrer entgegen, den man den feinsten Selbstmord nennen möchte. Er ist um so bedaurenswürdiger, weil er nur bei

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_371.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)