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wenigstens, die Lehre fürchterlich ins Ohr geklungen habe: „Traue keinem verliebten Könige, wäre es auch ein edler Duschmanta; unter dem Zauberstabe der Zeit und der Entfernung, unter Chören Lobpreisender Sänger, und im Taumelkreise des Hofes verlieren sie ihr Gedächtnis.“

Gewiß müssen Sie es auch gefühlt haben, wie eben das Wunderbare der vorausgesetzten Verblendung die stärkste Wirkung des tragischen Schreckens und Mitleidens hervortreibt, indem der verblendete König aus Unwissenheit, ja in der Meinung, daß er auf seinem heiligen Sitz sehr rein und edel handle, da er sich auch keinen Blick auf die Sakontala erlaubet, ein Verbrechen begeht, das er nachher so schwer büßen muß, ja ohne Zwischenkunft der Götter nie und nimmer abbüßen würde. Lesen Sie, was Aristoteles von solchen Scenen (Kap. 14.) sagt, und sie werden die Wirkung des Wunderbaren hier sehr dramatisch finden. Es ist ein Knote, der Auflösung eines

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_319.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)