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äsopischen Fabeln folgten Bodmers unäsopische Fabeln a)[1] auf dem Fuß nach, die jene in Fabeln und Abhandlungen über den Haufen werfen sollten. Sie habens nicht gethan: sie sind vergessen, und Leßings Fabeln und Abhandlungen werden bleiben; ja mich wunderts immer noch, wie der alte, geschmackvolle und gründliche Kunstrichter Leßings Buche ein solches entgegensetzen konnte. – – Indessen ists wahr, Leßings und Aesops Fabeln sind einander so unähnlich, als die Zeiten beider: und der Hauptgrund des Unterschieds ist, wie mich dünkt, augenscheinlich. Aesop machte seine Fabeln bei wirklichen Vorfällen im gemeinen Leben; also konnte auch die Lehre, die er einkleidete, kein fein abstrahirter oder spekulativer Satz sondern eine praktische Lehre und Bemerkung für eben das gemeine Leben seyn, aus dem sie abgesondert war. Eine solche Lehre zeigte sich also auch meistens in wirklicher Handlung, (zum wenigsten was man auch


  1. a) Leßings unäsopische Fabeln. Zürch 1760.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_387.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)