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Vierter Brief.


Der Thanatos (Tod) der Griechen war ein fürchterliches Wesen. Bei Homer wird er mit der Erinnys und den Verhängnissen gepaart, wenn er die Menschen mit schweren Händen ereilet. a)[1] Bei Hesiodus ist er seinem sanften Bruder Schlaf sehr unähnlich: er hat ein eisernes Herz in seinem Busen, hält fest, wen er ergreift und ist feindlich auch den unsterblichen Göttern. b)[2] Bei Euripides c)[3] nahet er der sterbenden Alcestis als ein Unterirrdischer, ein Priester des Todtenreichs, ein Bote des Pluto. Er kommt mit seinem Stahl, die Locke der Königin abzuschneiden und sie damit als ein Opferthier dem Orkus zu weihen; Apollo selbst weicht ihm aus, damit er nicht verunreinigt werde. Als Alcestis stirbt, höret sie den Charon ruffen, sie sieht den nahenden


  1. a) Iliad. π. 853. ρ. 485. 672 φ 565. etc.
  2. b) Theog. 762. seq.
  3. c) Alcest. prolog. seq.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_309.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)