Seite:De Zerstreute Blätter II (Herder) 240.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Tochter der Gerechtigkeit ist sie, a)[1] die ihr als Mutter und Rechtsbeysitzerin zur Seite ist, ja die so unbetrüglich die Tochter entscheidet, auch Ausnahmen zu machen weiß und jene edle große Seelen, die selbst über das Maas hin ihr Vortrefliches unternahmen, allem Maas der Nemesis, ja selbst der Macht des Tartarus entziehet. – Da mit diesem Gesange der Begrif der Göttin vollendet ist: so wird uns die weite Entwicklung desselben nicht schwer werden.


Zuerst also. Nemesis ist keine Rach- und Plagegöttin; die Mythologen drücken sich unrecht


  1. a) Bei Plato (de leg. 3.) ist sie ein aufsehender Bote der Gerechtigkeit; als eine Tochter des Glücks aber (Monum. ined. p. 30.) ist sie mir aus dem Alterthum nicht bekannt, auch wäre dies ihrem Amt und Charakter ganz entgegen.Νεμεσις και Δικη ουκ εωσι, μειζω της φυσεως φρονειν, αλλα ραδιως μικρους εκ μεγαλων ποιουσι, das ist ihr Charakter.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_240.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)