Seite:De Zerstreute Blätter II (Herder) 229.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht weit entfernt lag: die Attribute der Venus waren liebliche Sieges- und Friedensbilder oder konnten zu ihnen gemacht werden; b)[1] kurz diese Bildsäule, die nach Plinius Zeugniß der gelehrteste Römer, M. Varro, allen andern Bildern Griechenlandes vorzog, ward durch den glücklichsten Witz eines unrecht-beleidigten Künstlers


  1. b) Daher erklären sich nun die Hirsche, die der Schüler Phidias, wahrscheinlich als fliehende, der Krone der Göttin anbildete; ein schimpfliches Denkmal der Flucht der Perser: daher erklärt sich auch die Sage, daß diese Nemesis, wie die Venus eine Tochter des Meers hieß. Denn waren die Feinde und mit ihnen die Nemesis nicht vom Meer hergekommen? mußten sie nicht dahin blutig zurückfliehen? Auch wird hiemit deutlich, warum Agorakritus seinem Bilde den Zweig und die Schaale lassen konnte; es war nicht eine Nemesis überhaupt, sondern eine siegende Nemesis der Athenienser, die also auch Symbole haben konnten, die auf einen glücklichen Ausgang deuteten und die in spätern Denkmalen der Sieg, die Freude oder der gute Ausgang auch wirklich bekam.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_229.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)