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und Dinge geplaudert, die jetzt noch verschwiegen werden müssen. Der alte Herr schloß Emil in die Arme und ging dann an die Thüre. „Brktzwisl, alter Kerl, komm’ herein und teile die Freude deines Herrn; er will Hochzeit machen und das sobald als möglich!“

Der alte Diener machte ein sauersüßes Gesicht, als ob er ein Rhabarbertränklein im Mund hätte und sollte es als den trefflichsten Xeres loben. „So–o?“ sagte er, „nun, da muß ich ja gra–tulieren!“ – „Nun wie, alter Kauz“, sagte Ladenstein, „du scheinst dich nicht recht zu freuen, gefällt dir denn die Braut nicht, die sich dein Herr erlesen?“

„Nun“, antwortete Brktzwisl, „sie ist schön, die Frau Gräfin –“

„Wer spricht denn von der Gräfin?“ sagte sein Herr, „Fräulein Ida meinen wir!“

„Was?“ rief der alte Diener und geberdete sich wie wahnsinnig, denn jetzt hatte er wirklichen süßen Xeres im Mund, „das Wunderengelskind? Also hat Gott Ihr Herz gelenkt zum Guten? Fräulein Ida soll meine Frau Exzellenz werden? Hurra, das ist einmal schön –“

Man mußte seinem Jubel Einhalt thun, er wäre sonst spornstreichs durch die Straßen gerannt und hätte die Nachricht an allen Ecken verkündigt. Das helle Wasser der Freude stand der alten treuen Seele in den Augen, er küßte dem alten Herrn und dem Grafen die Röcke, und beiden war es ein neuer schöner Beweis, wie das Mädchen Wunderhold alle Herzen bezauberte, hatte sie ja doch, die holde Frühlingssonne, den alten eingeschnurrten winterlichen Eisbären aufgeweicht und zum tollenden Kind gemacht.



Reue und Liebe.

„Und nun noch eine Bitte“, sagte der glückliche Graf zu seinem Retter und Ratgeber, „jetzt noch eine Bitte; ich habe dem armen Kind diese Tage her so wehe gethan, ich sah es ihr an, wie ich ihr Herzchen gebrochen habe, lassen Sie es mich heute noch gutmachen!“

[187] Der alte Herr meinte zwar, es möchte heute schon zu spät sein und er solle seine Ungeduld bis morgen zügeln, aber der Graf bat immer dringender. „Kann ich es dulden, daß sie noch eine Nacht mir böse ist, daß sie auch nur noch eine Thräne über mich weint? Nein, heute abend noch bitte ich ihr ab, was ich gefrevelt habe; aber in dem Salon, wo die Gräfin, die an allem Unheil ganz allein schuldig ist, auf mich lauert, macht sich eine solche Versöhnung nicht gut; Sie müssen mir schon dazu helfen. Gehen Sie hinüber, wenn ich nicht irre, hat Ida versprochen, Ihnen ihre Zeichnungen zu zeigen. Ich schleiche nach, wenn Sie mit Ihnen hinaufgeht, und vor Ihnen habe ich mich ja nicht zu genieren.“

„Will dir auch den Platz ganz und gar nicht versperren. Nun, in Gottes Namen, komm’. – Wenn so ein Herzchen von vierundzwanzig Jahren siedet und hämmert, da hilft es nichts mehr, zu raten und zu predigen. Das Hammerwerk geht fort, ob so ein alter Meister Dietrich ‚halt‘ sagt oder nicht. Aber das sage ich dir, den fatalen Frack da ausgezogen und dein Kollett an, den Familienehrensäbel umgehängt, daß du auch etwas gleich siehst; darfst dich, weiß Gott! vor König und Kaiser darin sehen lassen, darum tritt als Soldat auf, wenn du dein Mädchen zum erstenmal ans Herz drückst.“

„Zum erstenmal ist es nun nicht“, lachte der Graf, indem er den goldenen Säbel umschnallte, „aber leider war die erste Umarmung gleichsam das unterbrochene Opferfest unserer Liebe, denn die Gräfin kam dazwischen, als ich schon den Mund zum ersten Küßchen spitzte.“

„Kamerad, das hast du schlecht gemacht“, belehrte ihn schmunzelnd der alte Theresienritter, „wenn man einmal so weit ist, so muß ausgeküßt werden und wenn eine Kartätschenkugel zwischendurch fahren wollte, so stand es wenigstens im Reglement zu meiner Zeit, denn es ist in der Natur nichts Schädlicheres und Fürchterlicheres als ein unterbrochener Kuß.“

Der Graf versprach, folgsam zu sein und sich ein andermal streng an das Reglement des alten Herrn zu halten.

In Präsidents Haus war man beim Thee versammelt, als der alte Herr von Ladenstein hinüberkam. Die Gräfin wollte ihn

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 186–187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_096.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)