Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke | |
|
Sänke Schlummer ihr aufs Auge,
Löschte sie des Lämpchens Schein,
Und ich stürbe sanft an ihrem Hauche.
Nimmer darf ich um sie weben,
Wie der Lampe milder Schein,
Doch mein Lied darf zu ihr schweben,
Schwebt denn Töne meiner Laute
Zu des Liebchens Kämmerlein,
Wieget sie in süße Träume ein,
Und dann flüstert: „Denke mein, du Traute!“
Schriftsteller.
Es ist kein Autor so gering und klein,
Der nicht dächt’ etwas Recht’s zu sein;
Und wär’ er noch so ein armer Wicht,
Geht er doch stolz und aufgericht’t,
Noch zu dem Kleinen gehören thut.
Auch kein Autor auf den andern baut;
Denn sei ein Paar noch so vertraut,
Darfst heut’ den einen heruntersetzen,
Und morgen, auf des zweiten Kösten,
Läßt sich der erste nennen den Besten.
Ihr Auge.
Ich weiß wo einen Bronnen
Voll hellem Himmelstau,
Es glänzt der Strahl der Sonnen
Aus seines Spiegels Blau;
Zu süßer Wonne ein,
Es winkt aus seiner Quelle
Der Sonne milder Schein.
Mir war als sollte drunten
Das arme Herz gesunden
Von seinem bangen Mut.
Ich tauchte freudig nieder,
Ins klare Blau hinab,
Fand in dem Quell sein Grab.
Kennst du den süßen Bronnen
So klar und silberhell?
Kennst du den Strahl der Sonnen
Das ist des Liebchens Auge,
Ihr süßer Silberblick, –
Aus seiner Tiefe tauche
Ich nie zum Licht zurück.
Sehnsucht.
Die Sonne grüßt Tubingas Höhn,
Der Berge Morgennebel fallen,
Und leichte Frühlingslüfte wehn,
Im Thal die Herdenglocken schallen,
An der Gestade Rebenhügel,
Es taucht die alte Burg ihr Bild
In seinen silberreinen Spiegel.
Wie wär’ der Morgen doch so schön,
Und reger wogt’s am Ufer hin,
Wenn Mittag zu den Schatten ladet,
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 22–23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_034.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)