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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

Drum blei klag ich nicht in weiter Ferne

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weil Neid der Liebe Weg belauscht;

wenn auch nicht Blick Wort mit Wort sich tauscht
Mir strahlt dein Aug’ im Abendsterne
aus seinen milden Strahlen quillt
mir meiner Liebe trautes Bild

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der Trost der m[eine] Sehn sucht stillt.


000000000W. Hauff



[1]

Hauffs Leben und Werke.

Nicht einer jener gewaltigen, mit der ganzen Kraft ihres Riesengenius dreinschlagenden Geisteshelden ist es, mit dessen Leben und Wirken sich die folgenden Blätter beschäftigen sollen; aber auch keine jener dunklen Naturen, die einmal während eines kurzen Augenblickes im Weltenleben der Nationen einen blendenden, täuschenden, vergänglichen Schein um sich verbreiten. Was Wilhelm Hauff geschaffen, was sein Name in der deutschen Litteratur für eine Stellung einnimmt, liegt zu klar, zu ungetrübt vor uns, als daß wir ihm einen Platz anweisen könnten, der ihm nicht gebührt. Er war jener Trefflichen einer, die immer zu erfreuen wissen, einer, dessen leicht empfängliches Gemüt, dessen heiterer, froher Sinn die Welt klar und hell mit ihrem herzerfreuenden Liebesgaben und mit ihren drückenden, unschönen Auswüchsen zu erfassen wußte, um sie dann, mit seinem eigenen Fühlen verwirkt, anderen ebenso klar und hell wieder zu schildern. Jeden, der sich an ihn wendet in seinen Mußestunden, weiß er zu erfreuen und wohl auch zu befriedigen. Gespannt lauschen noch heute die Kinder seinen freundlichen Märchen, Jünglingen und Jungfrauen im ersten Erwachen des immer idealen Liebesfrühlings wird sein „Lichtenstein“ als eine herrliche Widerspiegelung ihres eigenen Jugendtraumes eine stets willkommene Gabe sein, mit der Begeisterung liest noch heute der schwärmende Studio wie der Herr Philister die „Phantasien im Bremer Ratskeller“, und so können wir alle seine Werke, die großen Romane wie die kleinen, lieblichen Novellen, durchgehen, alle sind noch heute unserem Volke vertraute, freundliche Gesellen. Und doch, trotz dieser reichen Fülle des Gebotenen, nur ein kurzes Leben, dem jene süßen Früchte entsprossen, nur wenige Jahresblätter, die wir hier zu entrollen vermögen!

Wilhelm Hauff wurde am 29. November 1802 in Stuttgart geboren. Sein Vater Friedrich August (am 17. Januar 1772 in Stuttgart

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_007.jpg&oldid=- (Version vom 18.7.2016)