wähnte, die Welt gliche dem Blumenfeld, drauf Blüten für alle sprießen. Doch während ich so nach dem Glück ausschaute und ihm im Herzen manch’ Ehrenpforte erbaute, da kam in das Haus ein ganz anderer Gast geschlichen. Es war der Neid, der sich an mich stahl, nicht weil ich Glück schon errungen, nur weil ich so froh ihm entgegen gesungen. Dann sah ich staunend, wie Gast auf Gast in grauer Reihe folgte. Mit bittrem Lächeln um den herben Mund eröffnet den Zug eine Alte: die Enttäuschung wurde sie genannt, und wo ihr Blick eine Blume traf, erblichen alle Farben. Dann kam der nagende Kummer mit langem Zahn, das Warten und der täuschende Wahn. Daneben eine schlotternd magere Frau, umgeben von weinenden Kindern: die Sorge war es mit ihrer Brut, den zahllosen, schlaflosen Nächten. Oh, wie mich die gepeinigt haben! Wie mich alle mit Grauen erfüllten! – Aber im Herzen wohnte ja noch die Sehnsucht, die große, und sie sang vom Glück, das sicher bald zu mir käme. – Doch statt des Glücks kroch eine Schlange heran, die giftzüngige Verleumdung. Eine Schar scheußlicher Zwerge führte sie an, die Lügen, die schossen auf mich mit spitzigen Pfeilen. Wie ich da verwundet zusammensank und schluchzend zum Glücke flehte: ›eil’ dich, eil’ dich und laß mich nicht elend verschmachten‹ – da nahte sich mir der Ungeheuer schlimmstes:
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/125&oldid=- (Version vom 31.7.2018)