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taugte. Hat es ja auch bewiesen, da er dich sofort gewählt. – Aber nun«, bat sie begierig, »erzähl’ mir weiter«

Und mit leisen Worten berichtete die Trauernde, wie er und sie, beide einsam, beide nicht mehr jung, sich dann in dem fremden Lande schnell näher getreten waren und wie sie vereint ein spätes Glück gefunden hatten. Aber nur wenige Jahre des Zusammenseins wurden ihnen beschieden. Dann war er gestorben. Doch sie hatte sich nicht von dem Orte trennen können, der die hohe Zeit ihres Lebens gesehen, führte hier seitdem ein stilles, weltvergessendes Dasein. »In diesem Tempel,« sagte sie, »wo ich das Glück gekannt, habe ich, nachdem ich es verloren, wenigstens seine bescheidene Schwester, die Ruhe, gefunden.« – Doch dann, als habe sie zu viel von sich selbst geredet, frug sie nun ihrerseits voll warmer Anteilnahme: »Aber du selbst? Wie ist es dir ergangen, seit du damals gar so plötzlich weiter fuhrst? Ich weiß eigentlich so wenig nur von dir.«

Der andern Antlitz verdüsterte sich. Tragischer noch die Züge. Finstrer starrend die Augen. Und ausweichend antwortete sie: »Von mir? Was soll da viel zu wissen sein. Immer dasselbe: Reisen, Reisen.«

Es war kühler geworden. Abendwind wehte. Die beiden Frauen traten hinaus auf die Galerie vor der Halle. Von da sah man über die Baumeswipfel und

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Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)