Weihgaben, ihn zu besänftigen, standen vor ihm in Bronzebecken bizarr verschnörkelte Pinienäste, Zweige feurig-roter Herbstblätter; und auf verblaßtem Teppich zu seinen Füßen saßen zwei seidenhaarige Pekinger Hunde, fett und kurzatmig, mit plattgedrückten schwarzen Nasen und runden vorquellenden Augen – selbst feierlich fetischhaft, selbst Götzen gleich.
Die Blicke der Reisenden glitten über all das seltsam Fremde hin, aber dann blieben sie plötzlich wie gebannt an einem Punkte haften: auf dem Schreibtisch der Freundin ein Männerbildnis. Die Witwe bemerkte den Blick, und, als ob jene gefragt – die doch nicht zu fragen brauchte – antwortete sie wehmütig nickend: »Ja – – er. – Und sie fühlte, daß Persönlichstes, alles wovon die andere nur aus ihren flüchtigen Briefen wußte, doch einmal berührt werden mußte – so bitter weh es auch immer noch tat. Viel war ja geschehen, seitdem sie sich vor Jahren zuletzt gesehen! – Auch in China war das gewesen, in einer kleinen Küstenstadt, wo sie selbst damals bei Landsleuten eine Stellung bekleidete. Da war die Freundin, auf einer ihrer Weltreisen, damals aufgetaucht – aber nur um nach kurzem Verweilen ganz plötzlich, beinah fluchtartig, wieder zu entschwinden. – Jetzt erinnerte sie sie daran, und die Wanderin nickte wie im Traume, den Blick immer noch auf
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/117&oldid=- (Version vom 31.7.2018)