Da, eines Tages, noch ehe die Mangoblüten alle verwelkt waren, ging plötzlich schaurige Kunde durch aller Mund; und nun kamen auch schon, entwaffnet und ermattet, die ersten Flüchtlinge. Die erzählten: des Königs Heer gesprengt und geschlagen, der König selbst, zu Tode verwundet, von seinen letzten Getreuen aus der Schlacht herausgetragen zu einem weißen Landhaus am Fuße des Gebirges; dort sei er aufgenommen worden von der Herrin des Hauses, die ganz allein da weilte, während all ihr Gesinde aus Angst vor der Schlacht in die Berge geflohen war; die einsame Frau habe über des sterbenden Königs Todesnot gewacht.
Das war das letzte, was die Königin je mit klarem Bewußtsein vernahm. Es brachen daran ihre stolze Kraft und ihr eherner Wille. Sie verstand nichts mehr - es war nur noch wie ein dumpfes Empfinden, als ob sie aus dem Garten in den Abgrund sänke, tiefer, immer tiefer hinab. - Sie hatte nicht mehr gehört, daß die Flüchtlinge das Nahen von Verfolgern meldeten, die sich der Königin bemächtigen wollten; sie erfuhr nie, wie einige letzte Anhänger sie an die Küste hinab und auf ein Schiff gebracht hatten - dasselbe Schiff, auf dem sie einst mit dem König vom nordischen Heimatsgestade ausgefahren war zu der Insel des blumenverdeckten Verderbens. Mit schwarzem Wimpel segelte es
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/104&oldid=- (Version vom 31.7.2018)