Platz,« erzählte sie. »Es ist dann, als leuchteten plötzlich alle Sterne nicht mehr droben am Himmel, sondern hier drunten auf der Welt.«
Die Verwandlung der Erde in einen Himmel! Ja, so etwas mußte das geheimnisvolle Wort Freiheit wohl bedeuten. Diesen Sinn gewann es für den armen kleinen Paquito, der von der Freiheit noch viel weniger wußte als all die anderen Menschen. Und diese Vorstellung begann nun seine Träume zu füllen. Er hatte sich ja immer schon auf die Schlafenszeit gefreut, denn ihn dünkten die Stunden der Nacht nicht verlorene Stunden, wie die anderen gesunden Kinder sagten, die nie zu Bett gehen wollten. Schlafen, das ist ja der Himmel der Unglücklichen. Jetzt aber rückte sich in Paquitos Träumen alles zurecht, was bei Tage so unverständlich verkehrt erschien: im Traumland, da herrschte die Freiheit, da war alles so, wie es auf Erden hätte sein sollen, da gab es keinen Hunger und keine bösen starken Menschen, die die armen schwachen knechten, bis sie auch böse werden. Und auch keine elenden Menschenstäubchen gab es, die von her Schuld anderer erdrückt werden und es alles dulden müssen. Nein, im Traume hatte Paquito gesunde kleine Beinchen, die trugen ihn, wohin er wollte, und er lief stets auf den großen Platz, der von tausend Sternchen erglänzte. Und mit den
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/066&oldid=- (Version vom 31.7.2018)