der Bücher entsann sie sich, die sie, hier sitzend, gelesen. Verwehte Düfte, verhallte Worte umschwebten sie; Gedanken und Empfindungen, die verzaubert hier geschlummert, erwachten bei ihrem Nahen und fluteten ihr entgegen.
Bis zur äußeren, dem steilen Bergesabsturz und der Ebene zugewandten Seite des Hauses war sie nun gekommen. Hier gewahrte man, wie leicht und schwankend das ganze Gebäude war mit seiner weit ausladenden Veranda; schwächer noch und vergänglicher als andere menschliche Behausungen, einem Neste gleich, das jeder Sturmwind verwehen konnte, so hing es am Felsen.
Über das Geländer beugte sich die einsame Frau. Ihre Blicke glitten den jähen Abhang des Bergrückens entlang, an dem die Rhododendren mit ihren feurigen Blütenbüscheln emporzuklimmen schienen, wie ein Heer von finstern Trägern blutroter Fähnchen. Und weiter hinab schweiften ihre Blicke, wo unter diesem Gipfel immer neue, niedriger werdende Bergmassen vorsprangen, kauernden Riesentieren gleich, deren letzte Ausläufer sich wie langgestreckte Tatzen in die dunstige Ebene schoben.
Sie kannte dies Bild so gut – hatte so oft von hier oben mit ihm hinabgeschaut und gesehen, wie aus den
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/018&oldid=- (Version vom 31.7.2018)