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Vorgestern habe ich mir im Krankenhause die Diphtherie geholt und jetzt… fühle ich mich nicht gut. Schicke gleich nach Korosteljow.“

Olga Iwanowna nannte ihren Mann, wie alle ihre männlichen Bekannten nie mit dem Vornamen, sondern stets mit dem Familiennamen; sein Vorname Ossip gefiel ihr nicht, weil er an den Lakaien im Gogolschen „Revisor“ und an ein bekanntes Wortspiel erinnerte. Jetzt rief sie aber aus:

„Ossip, es kann nicht sein!“

„Schicke nach ihm! Mir ist gar nicht wohl…“ sagte Dymow hinter der Tür, und sie hörte, wie er wieder zum Sofa ging und sich hinlegte. „Schicke nach ihm!“ klang es noch einmal dumpf aus dem Kabinett.

– Was ist denn das? – dachte sich Olga Iwanowna, vor Entsetzen erschauernd. – Es ist ja gefährlich! –

Sie nahm ohne jede Not die Kerze in die Hand und ging zu sich ins Schlafzimmer; während sie sich überlegte, was sie nun zu tun habe, warf sie zufällig einen Blick in den Spiegel. Mit ihrem blassen, erschrockenen Gesicht, im Jackett mit den Schinkenärmeln und gelben Volants an der Brust und dem ungewöhnlich gestreiften Rock, kam sie sich selbst schrecklich und abstoßend vor. Sie fühlte plötzlich schmerzliches Mitleid mit Dymow, seine Liebe zu ihr tat ihr leid, sein junges Leben und selbst sein verwaistes Bett, in dem er schon so lange nicht mehr geschlafen hatte, und sie mußte an sein gewohntes mildes und demütiges Lächeln denken. Sie weinte bitter und schrieb Korosteljow einen flehentlichen Brief. Es war zwei Uhr Nachts.

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/166&oldid=- (Version vom 31.7.2018)