wie er seinem Diener etwas sagte. Um sich von ihm nicht verabschieden zu müssen, um eine Aussprache zu vermeiden und, vor allem, um nicht in Tränen auszubrechen, eilte sie, solange Rjabowskij noch nicht zurück war, ins Vorzimmer, zog sich die Galoschen an und lief auf die Straße hinaus. Hier holte sie erleichtert Atem und fühlte sich für immer befreit, – von Rjabowskij, von der Malerei und von der schweren Scham, die sie im Atelier so furchtbar bedrückt hatte! Schluß!
Sie fuhr zur Schneiderin, von der Schneiderin zu Barnay, der erst gestern angekommen war, von Barnay in die Musikalienhandlung und dachte die ganze Zeit daran, daß sie Rjabowskij einen kalten, harten, stolzen Brief schreiben und im Frühjahr oder im Sommer mit Dymow nach der Krim gehen würde, um sich dort endlich von der Vergangenheit freizumachen und ein neues Leben zu beginnen.
Spät abends nach Hause zurückgekehrt, setzte sie sich, ohne sich umzuziehen, ins Gastzimmer und überlegte sich den Brief. Rjabowskij hatte ihr gesagt, daß sie keine Malerin sei; nun wird sie ihm aus Rache schreiben, daß er jedes Jahr immer dasselbe male und jeden Tag dasselbe spreche, daß er gänzlich erstarrt sei und daß aus ihm nicht mehr werden würde, als das, was aus ihm schon geworden sei. Sie wollte ihm auch noch schreiben, daß er vieles ihrem guten Einflusse zu verdanken habe nur daß, wenn er zuweilen schlecht handle, so doch nur darum, weil ihr Einfluß durch verschiedene zweideutige Personen paralysiert werde, von der Art wie die, die sich heute hinter dem Bilde versteckt hatte.
„Mama!“ rief aus seinem Kabinett Dymow, ohne die Tür zu öffnen. „Mama!“
„Was willst du?“
„Mama, komme nicht herein, komm nur zur Tür…
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/165&oldid=- (Version vom 31.7.2018)