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Haare und sah sich bald im Salon, bald im Schlafzimmer, bald im Arbeitszimmer ihres Mannes; die Phantasie versetzte sie ins Theater, zu der Schneiderin und zu den berühmten Freunden. Was mögen sie jetzt wohl treiben? Ob sie sich ihrer erinnern? Die Saison hat schon begonnen, und es wäre Zeit, an die Abendgesellschaften zu denken. Und Dymow? Der liebe Dymow! Wie sanft, kindlich und unglücklich bittet er sie in seinen Briefen, nach Hause zurückzukehren! Jeden Monat schickte er ihr fünfundsiebzig Rubel, und als sie ihm einmal schrieb, daß sie den Malern hundert Rubel schulde, schickte er ihr auch diese hundert Rubel. Dieser gute, großmütige Mensch! Das Herumreisen hatte Olga Iwanowna ermüdet, sie langweilte sich, sie wollte so schnell als möglich von diesen Bauern, von diesem feuchten Wassergeruch fliehen und sich vom Gefühl der körperlichen Unsauberkeit befreien, das sie die ganze Zeit empfand, als sie in Bauernhäusern wohnte und von Dorf zu Dorf zog. Hätte Rjabowskij den anderen Malern nicht das Ehrenwort gegeben, mit ihnen hier bis zum 20. September zu bleiben, so könnte sie schon heute abreisen. Wie schön wäre das!

„Mein Gott,“ stöhnte Rjabowskij. „Wann kommt endlich die Sonne? Ich kann doch die Landschaft, die ich bei Sonne begonnen habe, nicht ohne Sonne weitermalen! …“

„Du hast ja auch noch eine Skizze mit bewölktem Himmel,“ sagte Olga Iwanowna, hinter dem Bretterverschlag hervorkommend. „Weißt du noch, rechts im Vordergrunde ist ein Wald, und links – eine Herde Kühe und Gänse. Jetzt könntest du sie fertigmalen.“

„Ach!“ sagte der Maler und verzog das Gesicht. „Fertigmalen! Halten Sie mich denn für so dumm, daß ich nicht weiß, was ich zu tun habe!“

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/152&oldid=- (Version vom 31.7.2018)