kluger und bescheidener Mann und vorzüglicher Deklamator, der Olga Iwanowna im Sprechen unterrichtete; ein Opernsänger; ein gutmütiger Dicker, der Olga Iwanowna seufzend beteuerte, daß sie sich zugrunde richte: wenn sie nicht so faul wäre und sich zusammennähme, könnte aus ihr eine hervorragende Sängerin werden; ferner einige Maler, und unter diesen der Genre-, Tier- und Landschaftsmaler Rjabowskij, ein sehr hübscher blonder junger Mann von etwa fünfundzwanzig Jahren, der in den Ausstellungen Erfolge hatte und dessen letztes Bild für fünfhundert Rubel verkauft worden war; er korrigierte Olga Iwanownas Studien und sagte ihr, daß aus ihr vielleicht was Rechtes werden könnte; ferner ein Cellist, dessen Instrument förmlich weinte und der ganz offen zu sagen pflegte, daß von allen seinen weiblichen Bekannten ihn nur Olga Iwanowna zu begleiten verstünde; ferner ein junger, doch schon bekannter Literat, der Novellen, Dramen und Erzählungen schrieb. Wer noch? Nun, ein gewisser Wassilij Wassiljewitsch, Gutsbesitzer und Grandseigneur, der aus Liebhaberei Illustrationen und Vignetten zeichnete und ein wunderbares Gefühl für den altrussischen Stil und Volksdichtung hatte; auf Papier, Porzellan und angerußten Tellern schuf er wahre Wunderwerke. In dieser künstlerischen, freien und vom Schicksal verzogenen Gesellschaft, die zwar bescheiden und feinfühlend war, aber an die Existenz von Aerzten nur in Krankheitsfällen dachte und für die der Name Dymow ebenso gleichgültig klang wie etwa Ssidorow oder Tarassow, – in dieser Gesellschaft erschien Dymow fremd, überflüssig und klein, obwohl er groß gewachsen und breitschultrig war. Man hatte den Eindruck, daß er einen fremden Frack anhabe, und sein Bärtchen ließ irgendwie an einen Kommis
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/134&oldid=- (Version vom 31.7.2018)