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Ordnung. Wenn alle Leute untereinander abmachen wollten, gegeneinander aufrichtig zu sein, so würde alles zum Teufel gehn.“

Ssofja Petrowna war es jetzt nicht um Philosophie zu tun, aber froh, das Thema wechseln zu können, fragte sie:

„Wieso denn?“

„Einfach, weil nur Wilde und Tiere aufrichtig sind. Hat einmal die Zivilisation das Bedürfnis nach einem solchen Komfort, wie die Frauentugend z. B. wachgerufen, so findet hier die Aufrichtigkeit schon keinen Platz mehr… Ja…“

Iljin stieß seinen Stock ärgerlich in den Sand. Ein Steinchen flog beiseite und fiel ins hohe Gras. Der Advokat fuhr fort. Frau Lubjanzew hörte ihm zu, verstand zwar manches nicht, fand aber an seiner Sprache Gefallen. Vor allem gefiel ihr, daß ein talentvoller Mensch mit ihr, einer gewöhnlichen Frau, über „kluge Sachen“ sprach. Dann bereitete es ihr großes Vergnügen, zu beobachten, wie sein junges, bleiches, lebendiges und immer noch zorniges Gesicht sich bewegte. Wenn sie auch vieles nicht begriff, so verstand sie doch diese schöne Kühnheit des modernen Menschen, mit der er ohne Zaudern und Zögern die größten Fragen löst und die gewagtesten Konsequenzen zieht.

Sie merkte plötzlich, daß sich ihre Augen an ihm weideten, und erschrak darüber.

„Verzeihen Sie,“ sagte sie rasch, „aber ich verstehe nicht, wozu Sie über Unaufrichtigkeit sprechen? Ich wiederhole meine Bitte nochmals: sei’n Sie mir ein guter, treuer Freund! Lassen Sie mir meine Ruhe! Ich bitte Sie wirklich.“

„Gut, ich werde weiter kämpfen!“ seufzte Iljin. – „Mit Vergnügen… Aber ich glaube nicht, daß dabei was herauskommt.

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/106&oldid=- (Version vom 31.7.2018)