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Der Schaffner stand auf, reckte sich behaglich und machte sich daran, seinen Mantel anzuziehen.

Als Ssawelij sah, daß die Gäste Anstalten zum Aufbruch machten, wieherte er förmlich vor Vergnügen.

„Hilf mir mal, du!“ rief ihm der Kutscher zu, und hob einen Sack vom Fußboden.

Der Küster sprang ihm bei und trug mit ihm zusammen die Post auf den Hof hinaus. Der Schaffner begann den Knoten in seiner Kapuze aufzubinden. Und die Küsterin sah ihm in die Augen und wollte ihn förmlich in die Seele hineinkriechen.

„Ein Glas Tee sollten Sie trinken…“ sagte sie.

„Ich hätte nichts dagegen… aber die wollen ja fort!“ pflichtete er ihr bei. „Zu spät kommen wir sowieso.“

„Aber bleiben Sie doch!“ flüsterte sie und schlug die Augen nieder und faßte ihn am Aermel.

Der Schaffner hatte seinen Knoten endlich entwirrt und hängte die Kapuze unentschlossen über seinen Arm. Es wurde ihm warm, wie er so neben der Küsterin stand.

„Was für einen… Hals du hast…“

Und er berührte ihren Hals mit zwei Fingern. Und als er sah, daß sie keinen Widerstand leistete, glitt er ihr mit der Hand über den Hals, die Schulter…

„Oh, du…“

„Bleiben Sie doch… Trinken Sie ein Glas Tee.“

„Was machst du da? Du verrücktes Gestell!“ ertönte vom Hof die Stimme des Kutschers. „In die Quere mußt du’s legen.“

„Bleiben Sie doch… Hören Sie, wie der Sturm heult!“

Und ob er schon noch nicht ganz aufgewacht war und die

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Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/093&oldid=- (Version vom 31.7.2018)