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schon dicht an ihr waren, da hatte sie gerade das Stadtthor erreicht, und sie war gerettet. Aber die Räuber hatten sie in so großer Verblendung und Wuth verfolgt, daß sie nicht einmal gewahrten, wie sie sich in der Stadt befänden. Das ward ihr Untergang; denn die muthigen Cösliner schlossen nun geschwind das Thor hinter ihnen zu, und fingen sie Alle. Am anderen Tage zogen darauf die Bürger auf den Gollenberg und zerstörten das Raubnest gänzlich. Sie fanden dort viele Gebeine von Erschlagenen, aber auch viele Reichthümer. Unter der Beute war auch das große Horn der Räuber. Es war drei Fuß lang, und von starkem Metall gegossen. Dasselbe wurde zum Horn des Nachtwächters für die Stadt bestimmt. Als solches thut es noch bis auf den heutigen Tag in Cöslin Dienste.

Vgl. Pomm. Provinzial-Blätter, I. S. 211-216. II. S. 4. 6.


158. Das Raubschloß bei Cantrek.

Zwei Meilen von Gollnow liegt das Dorf Cantrek. Etwa eine Viertelmeile von diesem sieht man auf einer ziemlichen Anhöhe die Ruinen einer alten Burg; am Fuße der Anhöhe befindet sich ein klarer See. Die jetzt zertrümmerte Burg ist früher ein Raubschloß gewesen. Sie gehörte der Familie von Köller, welche seit undenklichen Zeiten in Pommern das Gewerbe der Räuberei und Wegelagerung getrieben hatte. Kein Kaufmann oder anderer Reisender konnte ungeplündert durch die Gegend ziehen. Dabei hatten die Raubritter sich ihr Gewerbe so sehr erleichtert, daß sie nicht einmal nöthig hatten, einen Späher auf die Zinnen ihrer Burg zu stellen. Die armen Reisenden mußten ihnen vielmehr von selbst entgegenkommen. Aus dem Burgsee nämlich ergoß sich ein kleines Fließ, welches später in den Jubenbach fiel. Dieses Fließ

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1840, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Volkssagen_Pommern_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)