Herzliebe Mutter, laß dir Brot kaufen und laß dir Schnittlein backen, und laß dir Fischlein holen und laß dir ein Hühnlein holen bei uns, und wenn du Geld darfst, so laß holen; hast’s in deinem Säckel wohl. Gehab dich wohl, herzliebe Mutter, du darfst nicht sorgen um das Haushalten, bis du wieder zu uns kommst.“
Zu den leiblichen Nöten, unter denen die Unglückliche in dem scheußlichen Gefängnis zu leiden hatte, kam nun auch die ihre Seele folternde Sorge, daß ihr zärtlich geliebter Mann sie für schuldig halten möchte. Daher schrieb sie ihm, als sie seine Rückkehr erfuhr: „Mein herzlieber Schatz, bis (sei) ohne Sorge. Wenn auch ihrer Tausend auf mich bekenneten, so bin ich doch unschuldig; oder es (mögen) kommen alle Teufel und zerreißen mich. Und ob man mich sollt strenglich fragen, so könnte ich nichts bekennen, wenn man mich auch zu tausend Stücke zerriss’. Vater, wenn ich der Sach’ schuldig bin, so laß mich Gott nicht vor sein Angesicht kommen immer und ewig. – Wenn ich in der Not muß stecken bleiben, so ist kein Gott im Himmel. Verbirg doch dein Antlitz nicht vor mir; du hörst ja meine Unschuld, laß mich nicht in der schwülen Not stecken!“
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/181&oldid=- (Version vom 31.7.2018)