„Es kam aus einem Dorf eine Frau zu mir gelaufen, sich Rats bei mir zu erholen, und mir zu beichten, daß sie denunziert worden; sie sei gleichwohl nicht der Meinung, daß sie fliehen wollte, sondern sie wollte wieder heim gehen, welches ich ihr dann auch geraten. Sie bekümmerte sich aber vornehmlich darum, daß, wenn sie etwa gefangen genommen und gefoltert würde, sie aus Schmerzen über sich lügen, und sich also selbst in die ewige Verdammnis stürzen möchte. Ich gab ihr zur Antwort, daß diejenigen, welche solchergestalt lügen müßten, nicht tötlich sündigten, derowegen sie denn auch des andern Tags wieder nach ihrem Dorf gegangen und darauf alsbald – weil es hieß, sie wäre flüchtig geworden, gefänglich eingezogen und alsobald gefoltert worden, da sie denn auch die Schmerzen nicht ausstehen können, sondern sich zu dem Laster bekannt und darauf den Tod ausgestanden hat.“
Die gefährlichste Anzeige aber, welche zugleich erklärt, wie aus einem Hexenprozesse Hunderte von Hexenprozessen entstanden, war die Aussage der Gefolterten auf Mitschuldige. Der Richter will von ihr, wenn sie der Hexerei geständig ist, auch wissen, wer zugleich mit ihr auf dem Hexentanz gewesen.
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/128&oldid=- (Version vom 31.7.2018)