Wie man von einer eisernen Jungfrau erzählt, zu der der Verurteilte geführt wurde, und die auf einen Druck, wenn er sich ihr nahte, ihn in ihre Arme schloß und mit scharfen Messern zerschnitt und vernichtete; so war auch das Urteil der Vehme, das der Ankläger heimlich bei sich trug, dem Zauberdruck zu gleichen, der, wenn er den Verurteilten berührte, ihn rettungslos in die zermalmenden Arme der Vehmgenossen stürzte.“
Es waren nicht gelehrte Richter, sondern meist einfache Landleute, welche dies in ihrem Volksgericht vollführten. Und welcher Kontrast gegen die mittelalterliche Justiz der Fürsten und Städte! Die Vehme kannte kein inquisitorisches Verfahren, ließ nie den Verdächtigen im Kerker schmachten, hat nicht ihn durch Folter oder durch geschraubte Fragen zum Geständnis getrieben und ihrer Strafe blieb all die Grausamkeit der verstümmelnden Strafen und der geschärften Todesstrafen ferne.
In Zeiten der allgemeinen Rechtsunsicherheit war die Vehme in der That ein Hort des Rechts, ein mächtiger Schutz der durch Gewalt Bedrohten, der Redlichen Schutz, der Frevler Trutz.
Aber es darf auch die Kehrseite des Bildes nicht
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/099&oldid=- (Version vom 31.7.2018)