Dasselbe Geheimnis umgab die Gesetze und Gebräuche der Freigerichte. Die Aufzeichnungen und Sammlungen derselben tragen außen und zum Eingang die Warnung, daß niemand sie haben oder lesen dürfe, es sei denn ein echter, rechter, freier Schöffe des heiligen römischen Reichs. Wer aber, ohne daß er ein Freischöffe wäre, das Buch eröffne, der solle des schweren heimlichen Gerichts gewärtig sein. Und in der That blieb das Geheimnis vor allen Nichtschöffen gewahrt, so sehr, daß häufig der geladne Angeklagte aus Unkunde der Einrichtungen in großer Furcht sich befand, ob er nicht aus Unkenntnis in Nachteil gerate. So z. B. wird berichtet, daß die Stadt Görlitz und fünf andre Städte in der Lausitz, als sie im Jahr 1428 vor einen Freistuhl geladen wurden, in größte Angst gerieten und selbst nach Erledigung der Sache sich noch nicht sicher glaubten, und daher durch einige zuverlässige Personen Kunde von der Übung und Einrichtung der Vehmgerichte, wiewohl vergebens, einzuziehen sich bemühten.
Einige besonders angesehene Freigerichte hießen Oberhöfe oder Oberstühle, indem sie eine höhere Autorität in Vehmrechtsfragen in Anspruch nahmen,
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/091&oldid=- (Version vom 31.7.2018)